Erbgutstruktur von Grippeviren erforscht

Wissen ermöglicht Therapien und Impfstoffe

Quelle: M. Eickmann/WiPed 3D Modell Influenzavirus
Quelle: M. Eickmann/WiPed
3D Modell Influenzavirus

(pte/ehj.vt) Freiburg – Ein Wissenschaftsteam an der Abteilung Virologie des Universitätsklinikums der Universität Freiburg http://www.uniklinik-freiburg.de und des Cancer Research Institute London http://www.icr.ac.uk berichtet in der morgen, Freitag, erscheinenden Print-Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Science http://www.sciencemag.org über die Erforschung einer bis dato nicht analysierten Erbgutstruktur von Grippeviren. Dieses Muster wird von Körperzellen erkannt, so dass daraufhin das antivirale Abwehrsystem aktiviert wird. Interessant hierbei ist, dass die Forscher entdeckten, was Viren und Erreger tun, um möglichst lange vom Abwehrsystem unerkannt zu bleiben.

Höhere Organismen können nur dann überleben, wenn ihr Abwehrsystem bedrohliche Virusinfektionen möglichst rasch lokalisiert und in Folge durch das Immunsystem produzierte Antikörper und Abwehrzellen beseitigen. Obwohl ein Virus zwar ein körperfremdes Partikel ist, stellt sich die Lokalisation für das Abwehrsystem nicht einfach dar. Der Grund hierfür liegt in der Beschaffenheit des Virus, da dieser aus demselben Material wie die Wirtszelle aufgebaut ist und deren Befall sowie die damit verbundene Umprogrammierung durch den Virus als Ziel hat. Bisherige wissenschaftliche Annahmen stützten sich auf die Theorie, dass doppelsträngige Ribonukleinsäuren (ds-RNA) das sichere Aushängeschild für eine Virusmehrung sei. Demnach ist es zellulären Rezeptoren möglich, ds-RNA zu binden und eine Signalkaskade einzuleiten. Die damit einhergehende Herstellung von Interferonen wirkt sich „alarmierend“ auf das betroffene Gewebe aus, da dieses in einen erhöhten „antiviralen Zustand“ übergeht und das Immunsystem als quasi übergeordnete Instanz informiert.

Der Freiburger Forschergruppe um Friedemann Weber, Institut für Medizinische Mikrobiologie & Hygiene der Universitätsklinik Freiburg http://www.uniklinik-freiburg.de/imh und dem Ärztlichen Dirktor, Otto Haller, gelang der Nachweis, dass Grippeviren in der Lage sind, von Beginn an ihrer Wirksamwerdung die Produktion des bislang wichtigsten Indikators für Virenerkrankungen, des ds-RNS-Moleküls, auszusparen und somit unbehelligt weiter aktiv zu sein. Außerdem konnte erforscht werden, dass es der betroffenen Zelle trotzdem möglich ist, Grippeviren eindeutig zu identifizieren. Entscheidend hierbei sind die viralen Erbgutstränge, da diese signifikante Phosphatreste besitzen und in ihrer Wirkung stark Interferon-induzierend wirken.

Im Gespräch mit pressetext weist Weber darauf hin, dass „Viren unheimlich genetisch flexibel sind, zwar nicht wirklich lernfähig, aber sich sehr intensiv adaptieren können“. Der Experte macht zwei Lösungsansätze deutlich: die Optimierung der Behandlung mit Interferonen, die jedoch massive Nebenwirkungen besitzt, und die Erforschung der Funktionsweise der viralen Interferonausschaltung. Letztere verfolgt das Forscherteam um Friedemann, wobei an „Impfstoffen gebastelt wird, indem man die Viren hernimmt, genetisch verändert und sie somit zahnlos macht“. Den verfolgten Ansatz der molekularen Entschlüsselung der Grippeviren bezeichnet der Wissenschaftler als „einen viel versprechenden Ansatz“, wobei Influenza-Grippeviren mittlerweile gut präventiv behandelt werden können.

Durch das spezielle Ausschalten der zellulären Gene, konnten die Wissenschaftler den dafür zuständigen Rezeptor ausfindig machen. Dieser wird von einem viralen Protein gebunden und inaktiviert. Virus und Wirtsmechanismus müssen im steten Wettlauf um den Zeitpunkt der Interferon-Aktivierung betrachtet werden. In der Folge hilft das Wissen über die molekularen Kennzeichen der Grippeviren sowie den passenden zellulären Rezeptor ganz erheblich dabei, inwiefern ein virales Protein bei dessen Ausschaltung helfen kann. Darüber hinaus erhofft man sich neuartige Therapiekonzepte zu entwickeln, alte zu verbessern und innovative Impfstoffe forcieren zu können.